Gran Turismo: Realism redefined

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Gran Turismo: Realismus neu definiert

Mazda Stories spricht mit Kazunori Yamauchi, dem Leiter der Gran Turismo-Serie, seinem Team und Norihito Iwao, Chefdesigner des Mazda RX-VISION GT3 CONCEPT, über den Realismus der Fahrsimulation und warum der Mazda RX-VISION GT3 CONCEPT darin so lebendig wirkt.

1997 brachte Polyphony Digital das erste Gran Turismo Spiel auf den Markt, und selbst Kazunori Yamauchi und seine Entwickler haben damals wohl kaum mit dem überragenden Erfolg des PlayStation® Spiels und der nachfolgenden Versionen gerechnet. 23 Jahre später ist aus der Fahrsimulation ein kulturelles Phänomen geworden. Die aktuelle Version Gran Turismo Sport wird von zehn Millionen Menschen gespielt, die Serie ist ein E-Sport-Pionier und richtet riesige, vom Automobilweltverband FIA offiziell anerkannte Wettbewerbe und Live-Shows aus. In Japan gibt es sogar ein Gran Turismo Café, in Spanien und Australien wurden Straßen nach dem Spiel benannt.

Dieser Erfolg lässt sich vor allem auf das konsequente Streben nach Realismus zurückführen. Jedes Fahrzeug wird mit großer Sorgfalt nachgebildet und spiegelt dessen reale Optik, Sound, Performance und Dynamik auf außergewöhnliche Art wider. Jüngstes Beispiel dafür ist das preisgekrönte Konzeptfahrzeug Mazda RX-VISION, das im Mai 2020 in Zusammenarbeit mit Mazda als spielbarer Download eingeführt wurde – zur Feier des 100. Geburtstags des Automobilherstellers. In rassigem Rennanzug und unter der Bezeichnung RX-VISION GT3 CONCEPT tritt das Fahrzeug online in der offiziellen FIA GT3 Klasse an. Damit ist es erstmals möglich, das Mazda RX-VISION Konzept zu fahren.

Yamauchi spricht auf einer Tagung; der RX-VISION GT3 CONCEPT in Aktion

Die Aufnahme des Modells bei Gran Turismo geht auf ein Gespräch zwischen Yamauchi und Ikuo Maeda, den globalen Mazda Design-Chef, zurück. Die beiden trafen sich 2013 auf einer Automesse und schlossen sofort Freundschaft („Ich bin einfach ein Fan von Maeda-san!“, sagt Yamauchi). 2019 beschlossen sie, den 100. Geburtstag der Marke mit einem besonderen Mazda für Gran Turismo Sport zu feiern. Norihito Iwao, verantwortlicher Designer des RX-VISION, nutzte die Chance, die Leitung des Mazda Entwicklungsteams zu übernehmen und „ein Fahrzeug für ein Spiel zu entwickeln, das ich so gerne spiele!“

Auf diese Weise werden übrigens die meisten Autos für das Spiel ausgewählt: „Es sind hauptsächlich Autos, die wir als Team mögen“, sagt Yamauchi. Normalerweise gibt es die Fahrzeuge bereits in der realen Welt, aber manchmal kommen Hersteller schon ein halbes Jahr vor der Vorstellung oder noch früher auf Yamauchi zu, damit das Modell im nächsten Gran Turismo Spiel auf jeden Fall dabei ist.

Physisches Modellieren

Ein Fahrzeug für Gran Turismo zu entwickeln, ist ein ebenso aufregendes wie akribisches Unterfangen. Sobald das Polyphony Team ein Modell für das Spiel ausgewählt hat, geht ein sechs Monate langer Prozess los, an dessen Ende die digitale Version auf den virtuellen Asphalt rollt. Und dabei spielt Realismus die entscheidende Rolle.

In der ersten Phase geht es vor allem darum, das Fahrzeug physisch zu modellieren, erzählt Keiichi Ashizawa, Leiter des Modellierer-Teams für Gran Turismo. Jeder Zentimeter wird fotografiert, tausende Bilder werden gemacht, „selbst von Details, die im Spiel normalerweise nicht sichtbar sind“, wie zum Beispiel der Rückseite des Lenkrads. Wer das Spiel mit einem VR-Headset spielt, kann überprüfen, ob dieser Anspruch eingehalten wird. Im nächsten Schritt werden die Fotos und die vom Hersteller gelieferten Schaubilder mit der Datenerfassungs-Software von Polyphony zusammengeführt: Das Fahrzeug nimmt digitale Formen an.

„Das Verfahren ist deutlich komplizierter, als es sich anhört”, erzählt Ashizawa. Viel Zeit kostet vor allem das Suchen und Beheben von Fehlern. Auch die Verwandlung des Mazda RX-VISION in einen lupenreinen GT3-Rennwagen geschah nicht reibungslos: Besondere Mühe hatten Ashizawa und Iwao damit, die vorderen und hinteren Kotflügel auf die breiteren Dimensionen des Rennwagens anzupassen, obwohl alle nötigen Daten und Bilder dafür vorlagen. „Ich weiß nicht mehr, wie oft wir diesen Bereich überarbeitet haben“, erzählt Iwao lachend.

Für Iwao – der einen Mazda MX-5 der ersten Generation in British Racing Green fährt – bot das Projekt die einzigartige Gelegenheit, „einen Rennwagen mit Kreiskolbenmotor zu entwerfen, den Menschen in aller Welt lieben“. Für ihn ist das Design des RX-VISION GT3 CONCEPT „aus jedem Blickwinkel komplett. Die charakteristischen Merkmale des Fahrzeugs sind einfach wunderschön, besitzen aber auch viel Kraft.“ Der RX-VISION GT3 CONCEPT muss den technischen Anforderungen der GT3-Klasse entsprechen, und er muss nicht nur „wunderschön“ sein, sondern auch schnell. Iwao wurde klar, dass die Anforderungen an die Arbeitsqualität die gleichen sind – ob man nun ein Videospiel entwickelt oder ein echtes Fahrzeug. Und er war erfreut, dass die Liebe zum Detail, die im Mazda Design zum Vorschein kommt, auch die Arbeit von Polyphony kennzeichnet.

Die Illusion von Realität, die Gran Turismo erzeugt, ist zerbrechlich. Sie funktioniert nur dann, wenn in allen Bereichen des Spiels perfekt gearbeitet wird. Dazu gehört auch der Sound. Es dauert einen Monat, das Motorengeräusch eines Fahrzeugs nachzubilden, erläutert Yamauchi. Als erstes lässt das Team den Wagen bei verschiedenen Drehzahlen auf einem Prüfstand laufen und nimmt dabei den Ton auf.

Mit Hilfe von Software werden diese Sounds in den räumlichen Kontext des Spiels eingebettet, damit sich das Auto in jeder Umgebung realistisch anhört – auf der Rennstrecke, in einem Tunnel oder im Wald. Dann wird der Sound der Performance des Fahrzeugs angepasst. Dafür sind enorme Fähigkeiten und viel Erfahrung erforderlich, denn das menschliche Ohr nimmt Geräusche von einem Fernseher oder Headset anders wahr als in der realen Welt. Die Herausforderung ist es, den Spielern einen „Sound zu vermitteln, von dem wir wollen, dass sie ihn hören“. Der Fokus liegt dabei auf den individuellen Sound-Eigenschaften jedes einzelnen Fahrzeugs.

Kreischen und Heulen

Im Unterschied zu den meisten anderen Autos wurden für das Sound-Design des RX-VISION GT3 CONCEPT Audio-Aufzeichnungen eines anderen Fahrzeugs verwendet: nämlich vom Le-Mans-Gewinner Mazda 787B. Gleichwohl gewinnt das RX-VISION GT3 CONCEPT in der Simulation einen eigenen Klangcharakter: Die GT3-Rennen bieten dem Vierscheiben-Wankelmotor diverse neue Bühnen, auf denen er auf unnachahmliche Weise kreischen und heulen kann.

Der RX-VISION GT3 CONCEPT hatte im Mai 2020 sein Debüt. Das Auto ist enorm beliebt und wird aktuell rund 2.000 Mal am Tag heruntergeladen. Hier ist das Video zum Start des Modells zu sehen.

Von Dynamik getrieben

Wenn das Modellieren des Fahrzeugs abgeschlossen ist, beginnen die Testfahrer von Gran Turismo, die Fahreigenschaften des Autos zum Leben zu erwecken. Im ersten Schritt werden dazu die technischen Spezifikationen (darunter Motorleistung, Fahrwerksgeometrie, Lauffläche der Räder) in die Simulation von Gran Turismo eingegeben, die daraus automatisch Fahrgefühl und Fahrverhalten generiert.

Beim allerersten Gran Turismo Spiel verließ sich Yamauchi noch ausschließlich auf „technische Dokumente und Bücher“. Doch in 27 Jahren ist eine so leistungsfähige Simulations-Software entstanden, dass Yamauchi damit sogar ein Team bei der Entwicklung eines realen LMP1 (Le Mans Prototyp) unterstützt – wenngleich er natürlich nicht verrät, welches.

Auch wenn die Simulation die erste Fleißarbeit erledigt, liegt es in der Verantwortung der Testfahrer, Dynamik und Charakter eines jeden Fahrzeugs im Detail abzustimmen. Einer davon ist Kazuki Yamada, der 2012 die Gran Turismo Asienmeisterschaft gewonnen hat und im Anschluss von Yamauchi als Testfahrer engagiert wurde. Die Arbeiten an den Handling-Eigenschaften eines Fahrzeugs dauern ungefähr eine Woche, in der Yamada „jeden Tag mindestens 1.000 Kilometer“ fährt, doch die Feinabstimmung läuft bis zum geplanten Datum der Fertigstellung weiter. In dieser Zeit arbeitet Yamada an den unzähligen Parametern, die sich einstellen lassen, und schaut sogar stundenlang YouTube-Videos vom Fahrzeug, auf der Suche nach irgendeinem Hinweis, mit dem sich Fahrverhalten noch realistischer gestalten ließe.

Die Herausforderung beim RX-VISION GT3 CONCEPT war es, „den Charakter des Layouts mit kompaktem Kreiskolbenmotor vorne, Hinterradantrieb und Transaxle-Getriebe zum Ausdruck zu bringen“, sagt Yamauchi. Iwao und sein Team erklärten Yamauchi, wie sich ein Auto mit Vierscheiben-Rotationsmotor fahren sollte. Das Ergebnis ist ein aggressiver Vollblut-Rennwagen, der die Gran Turismo Community im Sturm erobert hat.

Der RX-VISION GT3 CONCEPT debütierte in Gran Turismo Sport und ist auch in der nächsten Ausgabe des Spiels dabei: Gran Turismo 7 für PlayStation® 5 wurde im Juni 2020 angekündigt, oben sieht man den Trailer zur Vorstellung.

Die Arbeit geht weiter

Allein bis September 2020 wurde der RX-VISION GT3 CONCEPT fast eine halbe Million Mal heruntergeladen, aktuell sind es 2.000 Downloads pro Tag. Das realistische Racing, das Gran Turismo so konsequent bietet, erweist sich als so beliebt wie eh und je. Doch wie kann die Zukunft dieser Reihe aussehen? „Videospiele vereinfachen die Komplexität der Natur und destillieren sie zu einer Simulation“, sagt Yamauchi. „Spieleentwickler werden auch in Zukunft Mühe haben, die Realität so genau wie möglich abzubilden.“ Trotzdem sei dies etwas, „wonach wir bei Gran Turismo auch weiterhin streben.“

Und was ist mit dem RX-VISION GT3 CONCEPT? Gibt es eine Realität, in der wir eine Serienversion dieses Autos sehen werden? „Jeder will, dass wir so schnell wie möglich eine Straßenversion des RX-VISION machen“, sagt Iwao. „Ob das passiert, weiß ich nicht, aber ich persönlich würde wirklich gerne ein Auto mit Kreiskolbenmotor für unsere Fans entwickeln, und eines Tages wird das hoffentlich klappen.“ Fürs erste muss also der RX-VISION GT3 CONCEPT genügen.

Mehr als 180 Mazda Fahrzeuge waren bisher Teil der verschiedenen Gran Turismo Spiele; die Reihe startete 1997 mit mehr als 20 Mazda Modellen. Seitdem kamen mit jeder neuen Auflage der Simulation mehr Mazda Modelle hinzu, darunter der erste MX-5, das für Gran Turismo exklusive Konzeptfahrzeug LM55 sowie Autolegenden wie der Rennwagen 787B und der RX-7 GT-X (Bilder oben).

Mehr als 180 Mazda Fahrzeuge waren bisher Teil der verschiedenen Gran Turismo Spiele; die Reihe startete 1997 mit mehr als 20 Mazda Modellen. Seitdem kamen mit jeder neuen Auflage der Simulation mehr Mazda Modelle hinzu, darunter der erste MX-5, das für Gran Turismo exklusive Konzeptfahrzeug LM55 sowie Autolegenden wie der Rennwagen 787B und der RX-7 GT-X (Bilder oben).

Over 180 Mazda vehicles have featured in Mehr als 180 Mazda Fahrzeuge waren bisher Teil der verschiedenen Gran Turismo Spiele; die Reihe startete 1997 mit mehr als 20 Mazda Modellen. Seitdem kamen mit jeder neuen Auflage der Simulation mehr Mazda Modelle hinzu, darunter der erste MX-5, das für Gran Turismo exklusive Konzeptfahrzeug LM55 sowie Autolegenden wie der Rennwagen 787B und der RX-7 GT-X (Bilder oben).

Mehr als 180 Mazda Fahrzeuge waren bisher Teil der verschiedenen Gran Turismo Spiele; die Reihe startete 1997 mit mehr als 20 Mazda Modellen. Seitdem kamen mit jeder neuen Auflage der Simulation mehr Mazda Modelle hinzu, darunter der erste MX-5, das für Gran Turismo exklusive Konzeptfahrzeug LM55 sowie Autolegenden wie der Rennwagen 787B und der RX-7 GT-X (Bilder oben).


Text: Tommy Melville / Fotos: Mazda und Polyphony Digital

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