Mazda Stories hat dem Crashtest Center im japanischen Miyoshi einen Besuch abgestattet. Unser Ziel: herauszufinden, wie weit Mazda geht, um die Sicherheit der Insassen zu gewährleisten.
Die Spannung steigt, als die beiden Autos sich in einem riesigen, hell erleuchteten Korridor gegenüberstehen. Gebannt warten wir darauf, was ihnen in ihrem kurzen Leben nun blüht. Wir befinden uns im Crashtest Center von Mazda in Miyoshi/Japan. Es nahm 2018 den Betrieb auf und hat seither zahlreiche Modelle buchstäblich an die Wand gefahren. Aber wohlgemerkt nur, um herauszufinden, ob die Fahrzeuge wirklich so sicher sind, wie der neueste Stand von Wissenschaft und Technik es möglich macht.
Hiroto Kido entwickelt seit 15 Jahren die
Crashsicherheit von Mazda.
Auf ein Zeichen hin werden die Autos auf Kollisionskurs geschickt. Der Test dauert nur Sekunden, aber der Anblick der Fahrzeuge, die sich frontal rammen, lässt einem ebenso die Haare zu Berge stehen wie der ohrenbetäubende Lärm der Kollision. So verheerend die Zerstörungen sind, so notwendig sind sie. Der Aufprall ist Bestandteil eines Verfahrens, mit dem die Auswirkungen schwerer Verkehrsunfälle auf die Insassen eines Fahrzeugs gemindert werden sollen.
Die Aufprallsicherheitstechnik von Mazda entwickelt seit 2005 Hiroto Kido. Hier erläutert er, warum die Tests nach wie vor wichtig sind: „Wir führen viele Simulationen am Computer durch, müssen aber trotzdem auch Tests mit realen Pkw absolvieren, um unsere Hypothesen zu untermauern. So versuchen wir herauszufinden, wie sich die Folgen für die Insassen minimieren lassen. Dazu analysieren wir die Struktur der Fahrzeuge bis ins kleinste Detail und bauen überall Sicherheitselemente ein.“
Kido räumt ein, dass Computersimulationen inzwischen überaus wirklichkeitsnah sind und er sowie seine Kolleginnen und Kollegen immer öfter Gebrauch davon machen. Dennoch bleiben reale Crashtests die letzte Hürde vor der Markteinführung eines Modells. Sie sind quasi der letzte Schritt auf dem Weg von der Planung zur Produktion. Kido: „Wir werden schon zu Anfang des Entwicklungsprozesses mit eingebunden. Wir besprechen mit dem Chefdesigner und leitenden Ingenieur Sicherheitspläne. Die Sicherheit ist zum Beispiel ein wesentlicher Aspekt, wenn es darum geht zu planen, wo und wie der Motor oder die Sitze positioniert werden sollen.
Dann simulieren wir, welchen Beschleunigungskräften ein Insasse bei einem Aufprall ausgesetzt ist. Aufgrund der Auswertungen der Computermodelle versuchen wir dann, die Insassen möglichst gut vor Verletzungen zu schützen.“
Die Daten aus einem realen Crashtest werden von Sensoren am Pkw und den Dummys erfasst. „Im Auto sind rund 50 Sensoren angebracht, während an einem Erwachsenen-Dummy bis zu 100 über den ganzen ‚Körper’ verteilt sitzen. Da kommen bei jedem Crashtest jede Menge Daten zusammen“, erklärt Kido.
„Wir führen die unterschiedlichsten Kollisionstests durch, angefangen von Frontalzusammenstößen über Auffahrunfälle bis zu diagonalen und seitlichen Aufprallszenarios. Wir haben über 40 Dummys im Einsatz. Die meisten unterscheiden sich voneinander, da sie zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt werden.“
Eine wichtige Rolle bei der Datenerhebung spielen außerdem Filmaufzeichnungen. Bei jedem Kollisionstest laufen rund 20 Kameras, die das Geschehen mit bis zu 1.000 Bildern pro Sekunde aufzeichnen.
Seit immer fortschrittlichere virtuelle Simulationsmodelle verfügbar sind, hat sich die Zahl der tatsächlichen Crashtests pro neuem Modell stetig verringert. Dennoch, so Kido, führt das Team nach wie vor bei jedem neu entwickelten Fahrzeug eine große Zahl von Tests durch. „Es ist nicht etwa so, dass wir umso mehr Tests durchführen müssen, je komplexer das Karosseriedesign ist. Aber jeder Markt hat seine eigenen Sicherheitsbestimmungen, und um die alle zu erfüllen, brauchen wir letztlich rund 100 Crashtests pro Modell.“
Unabhängige Testinstitute bewerten schließlich die Sicherheit jedes neuen Modells. Mazda schneidet dabei traditionell hervorragend ab. Kido zufolge liegt das an den außergewöhnlich hohen Sicherheitsstandards, die sich das Unternehmen selbst setzt. Doch obwohl die Anerkennung von unabhängiger Seite wichtig ist, ist sie doch nicht das oberste Ziel. Kido: „Wir sind nicht nur darauf aus, bei den Euro-NCAP-Tests gut dazustehen. Wir haben höhere Ziele. Die Sicherheit gehört zu unserer Firmenphilosophie und schlägt sich z. B. auch in unserer multidirektionalen Ringstruktur nieder.“
Wir haben über 40 verschiedene Dummys, die zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt werden.
HIROTO KIDO, ENTWICKLER FÜR AUFPRALLSICHERHEITSTECHNIK, MAZDA
Sie ist das zentrale Konzept hinter der Skyactiv-Karosserie von Mazda: Die Aufprallenergie wird verteilt, wodurch die Insassen bei einer Kollision besser geschützt sind. Kido fährt fort: „Jeder Hersteller hat sein eigenes Konzept, wenn es um Sicherheit geht. Mazda jedoch zeichnet sich durch eine detaillierte Analyse vieler verschiedener Unfallszenarios und ihrer Auswirkungen auf die Insassen im Fahrzeuginneren aus.“
Mazda visiert mithilfe des Einsatzes neuester Technologien aktiv eine unfallfreie Welt an. Aber ist das überhaupt realistisch? Kido hat eine klare Antwort darauf: „Ja.“ Er schließt mit folgenden Worten: „Auch heute noch sterben jedes Jahr Zehntausende bei Verkehrsunfällen. Natürlich wäre ein Szenario ganz ohne Unfälle das Ideal. Aber bis dahin werden unsere Hightech-Sicherheitselemente Leben retten. Deshalb statten wir unsere Modelle stets mit der neuesten Technologie aus.“
Text Shogo Hagiwara / Fotos Yamasaki Takeshi/Needafixer Ltd